1991 - Das erste mal Football für mich - Superbowl XXV

10. Februar 2023 - Christian Saris - Lesezeit: 13 - 15 min.

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Könnt ihr Euch noch an das erste Footballspiel erinnern, das ihr geschaut habt?

Ich weiß es noch ganz genau. Damals, Anfang der 1990er, war ich fünfzehn Jahre alt und hatte im neu aufkommenden Privatfernsehen mitbekommen, dass bald das „Finale“ des American Footballs übertragen wird. Über American Football wusste ich damals nicht viel.

Aus Computerspielen kannte ich für den Commodore 64 „John Madden Football“ oder für meinen Amiga „TV Sports Football“. Die Spiele haben mich immer verblüfft, da ich absolut gar nichts verstanden habe. Es war ein absolutes Trial and Error und meistens war das Spiel zu Ende und ich habe nicht einmal ansatzweise verstanden, warum man jetzt gerade verloren oder gewonnen hatte. Okay zugegeben: ein Touchdown bringt sechs Punkte und der anschließende Extra Point bringt ggf. einen Zusätzlichen. So viel wusste ich schon. Das mit den Touchdowns - so war es aus den damaligen Filmen zu erahnen - wurde besonders überschwänglich gefeiert. Und das faszinierte mich.

Dann kam da die Ankündigung der Übertragung von Superbowl XXV im Deutschen Privatfernsehen. Es hieß, es werde DAS TV-Ereignis des Jahres. Nichts würde mehr Menschen an den Fernseher locken als dieses Spiel. Für mich war klar: Das wollte ich unbedingt sehen.

Vielleicht - so dachte ich - konnte ich durch eine Fernsehübertragung mehr über die Faszination dieses Sports erfahren. Außerdem wurde berichtet, dass in der Halbzeitpause ein Auftritt der „New Kids On The Block“ stattfinden sollte. Nicht, dass ich diese Boygroup toll fand, jedoch eine Freundin. Mit ihr fuhr ich damals gemeinsam mit dem Rad zur Schule. Ich mochte sie sehr und kann mich daran erinnern, dass ich ihr damit imponieren wollte, von diesem Auftritt am nächsten Morgen berichten zu können.

Blöd war nur, dass das Spiel mitten in der Nacht begann und bis früh morgens andauerte. Am nächsten Tag war Schule und ich musste um 07:15 Uhr aus dem Haus. Meine Eltern sollten auf gar keinen Fall mitbekommen, dass ich das Spiel schaute. Wenngleich ich einen kleinen Fernseher in meinem Zimmer hatte, durfte ich keinesfalls den Ton zu laut einschalten, sonst wäre es sofort aufgefallen und zugleich beendet gewesen. Kopfhörer hatte ich damals leider nicht.

Wecker stellen zum Kickoff

Also: Wecker gestellt und kurz vor dem Kickoff - mitten in der Nacht - neugierig die Berichterstattung auf Tele 5 geschaut. Es spielten die Buffalo Bills gegen die New York Giants. Das Spiel fand in Tampa, Florida statt. Weil ich aus den Computerspielen das Logo der Giants kannte und gut fand, war für mich klar, dass ich auch zu den Giants halten werde.

Ich weiß nicht mehr, ob Tele 5 damals eigene Kommentator*innen hatte oder einfach den Ton von ABC Sports abspielte. Diesen habe ich ohnehin nur vor dem Spiel und zur Halbzeit leise eingeschaltet… sollte ja niemand mitbekommen.

Von Beginn an war ich baff: Whitney Houston sang die Nationalhymne und ich erinnere mich heute noch an die Gänsehaut, die dieses Lied bei mir hervorgerufen hatte. Amerikanisches Fernsehen konnte es schon damals besser: Emotionen übertragen.

Emotionales Fernsehen war damals jedenfalls neu für mich. Im gleichen Jahr hatte ich zum ersten mal in meinem Leben CNN geschaut, nämlich als die Alliierten die Luftangriffe auf Bagdad im Golfkrieg starteten und die Reporter live vor Ort von den Raketeneinschlägen berichteten. Ich hatte damals viel CNN geschaut und auch mitbekommen, dass das US-amerikanische Fernsehen ganz anders funktionierte als das Deutsche. Daher vielleicht auch das Interesse, einzuschalten.

Aber zurück zum Superbowl. Nach der Hymne kam der Kickoff und ich war von Anfang an von der Stimmung begeistert, auch wenn ich die Regeln nicht wirklich verstand. Ohne Ton versuchte ich durch Beobachten genau zu erfahren, was da vor sich ging und warum. Die Möglichkeit, kurz mal im Internet die Regeln in der Wikipedia nachzuschlagen gab es in den 1990er Jahren ja leider noch nicht.

Viele Jahre später habe ich die Aufzeichnung dieses Spiels gefunden und sie mir in Teilen noch einmal angeschaut. Es hat sich - verglichen mit heute - so viel getan. Die Informationen, die man heute im Laufe des Spieles live ins Spielgeschehen reingerendert bekommt - virtuelle Line of Scrimmage, First Down Line zum Beispiel - sind ein echter Overflow im Vergleich zu der Übertragung damals.

Shotclock oder die herunterlaufende Stadionuhr wurden als Bild im Bild reingeschnitten. Und nur zu manchen Spielzügen wurden spartanische Spielinformationen wie z.B. „2nd and 2“ eingeblendet. Damit konnte ich damals nur schwer etwas anfangen und das macht es für einen Anfänger wahrlich nicht leicht zu erfassen, was da vor sich ging.

Aber egal. Je weiter das Spiel fortschritt, umso mehr Regeln erschlossen sich mir, zumindest rudimentär.

Half Time Show!

Dann kam die sagenumwobene Half Time Show, der Höhepunkt der Nacht. Und es war eine blanke Enttäuschung. ABC Sports hat sich entschlossen, nicht diese Show zu übertragen, sondern eine vor Patriotismus triefende Kriegsberichterstattung vom Golfkrieg zu bringen.

Auch wenn ich die US-amerikanische Sicht der Lage am Golf interessant fand, so war es doch sehr enttäuschend, jetzt nicht die Halbzeitshow sehen zu können und später am Morgen nicht meiner Schulfreundin auf dem Radweg etwas über den Auftritt ihrer doch so geliebten Boygroup berichten zu können.

Enttäuscht entschloss ich mich, nicht weiter zu gucken und stattdessen den Wecker zu stellen, so dass ich das Ende der Übertragung noch mitbekommen konnte. Das hat dann tatsächlich sogar geklappt. Es muss um die fünf Uhr morgens gewesen sein. Das aus heutiger Sicht nicht wirklich tolle Spiel der Buffalo Bills gegen die New York Giants entschied sich erst in der letzten Spielminute.

Die Entscheidung

Beim Stand von 19:20 für die Giants waren noch acht Sekunden zu spielen. Die Bills waren im Ballbesitz und sind nicht wirklich weit gekommen, als das vierte Down anstand. Sie entschlossen sich, den Kicker Scott Norwood aufs Spielfeld zu schicken, um ein 47 Yards Field Goal zu versuchen. Es hieß, das sei sein weitester Versuch jemals. Die Atmosphäre im Stadion von Tampa, das rund 74.000 Zuschauer*innen fasste, war beeindruckend. Scott Norwood lief an, trat den Football und dieser landete irgendwo weit rechts neben den Goal Posts. Das Spiel war entschieden. Die Giants mit Quarterback Jeff Hostetler, Running Back Ottis Anderson und Coach Bill Parcells gewannen den Superbowl.

Das war das erste Spiel, das ich je gesehen habe. Auch wenn das Spiel nicht so pralle war, begeisterte es mich, bei diesem Sport zuzuschauen. Es entschied sich alles in den letzen Sekunden. Und das macht es für mich bis heute noch sehr spannend zuzuschauen.