Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und FDP

28. November 2021 - Christian Saris - Lesezeit: 4 min.

gruene politik thoughts

Urabstimmung zum Koalitionsvertrag

Nach reiflicher Abwägung inhaltlicher Stärken und Schwächen des Koalitionsvertrages und unter Beachtung der Tatsache, dass manche Passagen konkret, andere abstrakt geschrieben sind, kann ich aus rein inhaltlicher Sicht bei der Urabstimmung dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen.

Mit den vorliegenden Beschreibungen im Vertrag zu behaupten, Hartz 4 werde abgeschafft ist nicht richtig. Zwar werden wesentliche Missstände korrigiert, aber solange der Regelsatz nicht angehoben wird und die Sanktionen nicht endgültig wegfallen, ist und bleibt das Wesen von Hartz 4 erhalten. Wir GRÜNEN sind angetreten, um die Fehler aus der rot-grünen Agenda 2010 wieder gut zu machen. Hierzu ist das, was über das Bürgergeld bekannt ist nicht in der Lage.

Beim Thema Flucht und Asyl gibt es zwar erhebliche Verbesserungen im Punkt Familiennachzug. Es fallen Arbeitsverbote weg und Bleiberechtsfragen werden vereinfacht. Man spricht aber von einer Rückkehroffensive und Kooperationen mit Drittstaaten. Insbesondere wird beabsichtigt, dass geprüft werden soll, ob die Feststellung des Schutzstatus von Flüchtenden in Drittstaaten möglich ist. Dies auf Staaten zu überantworten, die dem Europäischen Recht nicht unterworfen sind ist für mich eine Absage an wesentliche Europäische Werte.

Bis auf die sehr zu begrüßende Ankündigung, dass Minderjährige fortan von der Abschiebehaft ausgeschlossen würden, enthält der Vertrag keine Ideen, wie man die Ungerechtigkeiten bei Abschiebungen beseitigen oder vermindern könnte.

Das sicherlich aus FDP-Feder kommende Bekenntnis, die Steuern nicht zu erhöhen, lässt in mir die Fragen hochkommen, wie denn die gewaltigen Änderungen (zB in puncto Klimaschutz) finanziell zu stemmen sind.

Im Ressort Verkehr hat die FDP sich genauso wie im Bereich Steuern durchsetzen können. Eine Mobilitätswende ist mit einem FDP-geleiteten Ministerium nicht möglich. Dass dieser Partei es auch wichtig ist, diese Wende zu verhindern, zeigen die neuerlichen Äußerungen von Hr. Wissing, dem zur Debatte stehenden Verkehrsminister, der sich als Anwalt der Autofahrer sieht.

Ich habe bei der Lektüre des Koalitionsvertrages nicht erwartet, dass es ein Papier wird, das voller GRÜNEN Ideen strotzt. Doch das, was dort vereinbart werden soll spricht trotz zahlreicher toller Ideen gegen wesentliche Werte, die ich als essentielle Positionen unserer Partei sehe. Sie aufzugeben können wir uns nicht leisten.

Inhaltlich kann ich dem Vertrag also nicht zustimmen. Die einzige Überlegung, die mich noch plagt ist, zu überlegen, aus strategischen Gründen doch zuzustimmen. Was passiert, wenn die AmpelRegierung nicht zustande kommt? Neuwahlen in Zeiten, in der eine funktionierende Regierung dringend benötigt wird, sind auch nur schwer zu ertragen.

Es beibt also eine schwierige Entscheidung.