Tegernsee 2009

24. Februar 2009 - gesus - Lesezeit: 9 - 11 min.

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Endlich komme ich mal wieder dazu, hier etwas zu schreiben. Diejenigen, die meinen Twitterfeed verfolgen, werden sicherlich gemerkt haben, dass ich einen Kurzurlaub gemacht habe. Über diesen möchte ich an dieser Stelle berichten: Lange ist es her, dass ich das letzte mal verreist bin. Und der Drang die Berge einmal wiederzusehen war doch recht groß. Als dann bei einer großen Supermarktkette ein günstiges Bahnticket angeboten wurde, stand recht schnell fest, dass Parisa und ich dem Freistaat Bayern einen Besuch abstatten würden.

Ich selber war zu Zeiten meiner Kindheit über neun Jahre immer wieder nach Bayern in den Urlaub gefahren. Irgendwie ist dieses Reiseziel jedoch dann in Vergessenheit geraten und es mussten Urlaubsziele mit viel Sonne sein. Nun also ein weiteres Mal Bayern, aber es sollte auch etwas Neues sein, denn bislang sah ich die schöne Landschaft mit den Bergen immer im Sommer. Zum ersten Mal nun also im Februar.

Mit der Bahn zum Tegernsee

Früh am Morgen ging es am Donnerstag in Köln los. Per ICE reisten wir ziemlich komfortabel zunächst nach München, um dann von dort aus nach Tegernsee (Stadt) weiterzufahren.

Während der Fahrt war ich begeistert, dass nahezu über die gesamte Strecke hinweg eine Verbindung ins Internet via GPRS/EDGE und D-Netz (GSM-900) möglich war. Mag sein, dass im ICE (3) Repeater eingebaut sind, aber jetzt gerade (auf der Rückfahrt) habe ich beim gleichen Setup im E-Netz (DCS1800; EDGE wird leider nicht angeboten) eigentlich nur Verbindungsabbrüche und eine mehr als bescheidene Datentransferrate. An UMTS ist – je weiter man in ländliche Gebiete kommt – nicht zu denken. Naja, aber zurück zur Fahrt.

Während der sechs Stunden Zugfahrt merkten wir, dass mit jedem Kilometer in Richtung Süden die Höhe der Schneedecke zu steigen schien. In den vergangenen Tagen hatte es in Tegernsee wohl nahezu ununterbrochen geschneit, so dass uns im Tal eine ca. 30-40 cm hohe Schneedecke erwartete. Unterkunft

Unsere Unterkunft war eine kleine Pension an der Ortsausfahrt von Tegernsee. Ein älteres Ehepaar – beide um die 70 Jahre alt – bietet dort im Dachgeschoss ihres kleinen schnuckeligen Hauses ein Zimmer an, das im Stil der 1980er Jahre sehr liebevoll und verhältnismäßig luxuriös eingerichtet ist. So viel Luxus hatten wir jedenfalls nicht erwartet für so kleines Geld. Grüß Gott

Da am Tag der Ankunft die Sonne schien und wir von der Schönheit der Landschaft begeistert waren, hielten wir es nicht lange im Zimmer aus und nutzten die Zeit, um den urigen Ort Tegernsee zu erkunden. Schon nach sehr kurzer Zeit wurde uns klar, dass hier das Leben ein wenig anders funktionierte als daheim im Ruhrpott bzw. im Rheinland. Alle Menschen waren so freundlich. Wenn man auf der Straße jemandem begegnete, wurde einem direkt ein freundliches Lächeln mit einem “Grüß Gott” entgegnet. Selbst bei Bahnfahrten grüßten Hereinkommende freundlich in die Runde… eine Situation, die ich mir im Ruhrpott beim besten Willen nicht vorstellen kann. Tegernsee

Kreuth und Gmund

An zwei Tagen starteten wir Wandertouren. Einmal von Rottach-Egern bis nach Kreuth, zum anderen von Tegernsee nach Gmund. Aufgrund der Höhe der beiden kleinen Wanderwege und der Tatsache, dass es tags- und nachtsüber ununterbrochen geschneit hatte, war die Schneehöhe dort deutlich über 40 cm.

Die Wanderwege waren nicht immer geräumt, aber genau das machte im Endeffekt den besonderen Reiz der Touren aus. Durch die Fußstapfen anderer Menschen und durch die Markierungen mit roten Holzpfählen konnte man die Wege erkennen. Eine schneefeste Ausrüstung war absolut notwendig, denn ohne Gamaschen und ordentliches Schuhwerk hätte man sehr schnell nasse Füße und schlechte Laune bekommen.

Irgendwie war es auch gar nicht so schlimm, dass es fast die ganze Zeit geschneit hatte, denn im Gegensatz zum im Pott üblichen Regen macht Schnee nicht nass. Außerdem blieben bei dem Wetter viele Menschen daheim, so dass die beeindruckende Landschaft und die Ruhe noch mehr wirkten. Einkehr in Kreuth

Am Ende der zum Glück lawinenfreien Wanderung nach Kreuth (Tage zuvor ist am Wallberg eine Lawine heruntergegangen) stand dann die Einkehr in einem Gasthof, der ein einziges vegetarisches Gericht anzubieten hatte. Um ehrlich zu sein, war ich so hungrig, dass ich mich gar nicht mehr erinnern kann, wie das Gericht hieß, ich weiß nur noch, dass ich noch nie so wenig Essen für so viel Geld bekommen habe. Es war ein Nudelgericht mit Spinatfüllung “an” Salbeibutter… etwas übertrieben gesprochen: Ein riesiger weißer Teller mit fünf Nudeln und ein wenig zerlassener Butter. War zwar lecker, aber nicht das Richtige nach einer solchen Wanderung. Rottach-Egern

Die an Tegernsee angrenzende Gemeinde Rottach-Egern ist dann wohl eher eine Ortschaft für Leute, die mehr Geld haben und dies auch zeigen wollen. Hier findet man Boutiquen mit großem Namen. In solchen Läden kann man dann zB bedruckte T-Shirts für 140 EUR kaufen. Dementsprechende Menschen waren dort auch häufig auf den Straßen anzutreffen.

Damit verbunden, fiel noch ein weiterer Punkt negativ auf: Nach meinem subjektiven Empfinden ist Rottach-Egern der Ort, in dem – mit Abstand – die meisten Pelzträgerinnen herumlaufen. Echt widerlich, mit welchem Stolz diese Mäntel dort ausgeführt werden und teilweise selbstverständlich wirken.

Einziger Pluspunkt für diese Ortschaft ist dieser Limbowitz, den ich bei einem Schild einer Boutique entdeckt habe. Sonst ist dieser Ort mal überhaupt nicht mein Fall. München

Am letzten Tag packten wir die Rucksäcke und fuhren mit der Bahn nach München. Dort wurde das Gepäck in ein Schließfach gepackt und die Stadt besichtigt. Wie immer, ist man um so begeisterter, wenn man nicht all zu viel erwartet von einer Stadt. So fanden wir auch in München das ein oder andere Schmankerl.

Die Daueraustellung “Typisch München” im Münchener Stadtmuseum war ein sehr gelungener Einstieg, um die Geschichte der Stadt und die Stadt selber kennenzulernen. Hier wird in sehr gewitzter und offener Art das ausgestellt, was laut Meinung der Kuratoren typisch für die Stadt ist. Die Exponate sind sowohl klassischer Natur – also Gemälde und Skulpturen – als auch Dinge des Alltags. So sind zum Beispiel ein Schachspiel mit Schäfflertänzern, alte Werbeposter, Möbel, Kleidungsstücke und Zeitungen (alle aus der Zeit von ca. 1870 bis heute) ausgestellt.

In einer ganz besonderen Art und Weise wird dort mit der Tatsache umgegangen, dass München nicht nur eine Hochburg der NSDAP, sondern auch Gründungsort dieser Partei war. Ein größerer Teil der Ausstellung widmet sich auf vielseitige Art und Weise dieser Thematik.

Ein Poster, das man soweit ich weiß nicht kaufen kann, fängt die dabei aufkommende Stimmung recht gut ein: Typisch München; Lederhose, Dirndl und Naziuniform (leider bei der schlechten Qualität nicht zu sehen: am linken Ärmel der Uniform ist eine Armbinde angedeutet)

Typisch München; Lederhose, Dirndl und Naziuniform (leider bei der schlechten Qualität nicht zu sehen: am linken Ärmel der Uniform ist eine Armbinde angedeutet)

Man sollte mit offenen Augen durch München laufen, dann fällt einem Vieles auf, was anders – irgendwie besonders ist. Zum Beispiel die wahrscheinlich handgemalte Werbung des Lichtspielhauses am Sendlinger Tor für den Tykwer-Film The International.

Fazit

Also München will ich auf jeden Fall in nächster Zeit noch einmal sehen. Aber dafür möchte ich mir dann mehr Zeit nehmen. Der Tegernsee war schön, der Aufenthaltsort Tegernsee (Stadt) auch. Die Einheimischen dort unten wirkten viel freundlicher als hier, aber eine Ortschaft wie Rottach-Egern, in der Leute zeigen wollen, was sie haben und dabei zeigen, wie unreflektiert sie konsumieren kann mir mal ganz einfach gestohlen bleiben ;-)

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